Das Kanban Maturity Model (KMM) als Handbuch für mehr Agilität

Geschrieben von Sebastian Schneider

Wer sich mit Kanban etwas genauer befasst, wird früher oder später über das Kanban Maturity Model (kurz KMM) stolpern. Das KMM gehört in die Rubrik der sogenannten Reifegradmodelle. Das Kanban Reifegradmodell (KMM) wurde aus den Erfahrungen vielen real durchgeführten Kanban-Implementierungen in unterschiedlichen Branchen und Organisationen unterschiedlicher Größe entwickelt. Wenn du ein bereits CMMI oder SPICE kennst, dann weißt du schon, in welche Richtung es hier geht. Viele Jahre Erfahrung sind in dieses Model eingeflossen und haben es verbessert. Es entstand durch die Arbeit mit Kanban in vielen Organisationen. Was das genau ist und wie du das anwenden kannst, betrachten wir in diesem Artikel.

Was ist das Kanban Maturity Model?

Wie eingeführt, handelt es ich bei bei dem KMM um ein Reifegradmodell. Das hilft zum einen, dass du einen aktuellen Reifegrad für die Umsetzung von Kanban in einer Organisation bestimmen kannst. Kennst du den aktuellen Reifegrad, dann kannst du anstreben den nächsten Reifegrad zu erreichen. Das Kanban Maturity Model hilft dir dabei. Allerdings ist das Modell weniger "streng" als andere - denn eine wirkliches PRM (Process Reference Model) und PAM (Process Assessment Model) ist es nicht. Vielmehr bietet es dir eine sehr gute Perspektive auf eine Diskussionsgrundlage. Evolutionäre Änderungen aus Kanban werden so unterstützt.


Das Modell betrachtet drei Aspekte als Basis: Ergebnisse, Kultur und Praktiken. Treiber des Modells ist die Lean Kanban University. Konkrete Maßnahmen findest du in der Regel immer in den Praktiken.

Wobei Coaches mit dem KMM helfen können

Die Situation kennst du bestimmt auch: du hast mal etwas in einem Team oder einer Organisation ausprobiert, was normalerweise immer funktioniert hat. Doch diesmal klappt es nicht. Ein Grund kann sein, dass du eine Praktik nutzen möchtest, die in der Regel von keiner Organisation eines entsprechenden Reifegrades angewendet wird. Damit ist klar: nicht jede Praktik kann mit dem Reifegrad verwendet werden. Kanban-Coaches und Führungskräfte sollten sich mit dem KMM ebenso reflektieren und so bessere Implementierung bereitstellen. Die Einführung von Kanban in kleinen und großen Unternehmen verschiedener Branchen kann von Coaches unterstützt werden, die sich so einem breiten Spektrum von Erfahrungen bedienen können. Das Kanban Maturity Model Buch richtet richtet sich damit sowohl an die Coaches, als auch Treiber im Business. Es ist für das Verständnis von Kanban im Allgemeinen aber so oder so hilfreich.

Was sind Kanban-Initativen?

Kanban in kleinen und großen Unternehmen verschiedener Größe einzuführen oder zu verbessern, bezeichnen wir als Kanban-Initiativen. Mit diesen Initiativen wird versucht, bessere Produkte und Dienstleistungen zu erstellen. Oft unter dem Hintergrund der Business Agility. Eine besondere Bedeutung haben Kanban-Praktiken, die wir im Folgenden noch genauer betrachten werden.

Wie das Kanban Maturity Model aufgebaut ist

Das KMM hat einen sehr schönen und einfachen Aufbau. Diesen Aufbau stelle ich dir schemenhaft hier einmal vor. Wenn dir dann das Kanban Maturity Model ansiehst, wirst du sofort erkennen, wie du es lesen musst. David J Anderson und Teodora Bozheva haben hier eine gute Vorlage geschaffen, mit der viele Unternehmen und Organisationen sich reflektieren können. Die Erfahrung mit Kanban, die Unternehmen gesammelt haben, sind in das Modell eingeflossen. Die Reifegrade des Modells sind:

Reifegrad 0 (kein Fokus)

Wenn jeder im Unternehmen nur auf seine eigenen Aufgaben fokussiert ist, aber nicht mehr, dann besteht keine Zusammenarbeit mit anderen. Dies zeigt einen typischen Reifegrad 0.

Der Organisation ist es noch nicht bewusst sich an Prozessen zu orientieren, oder das größere Bild zu sehen. Aufgaben werden deshalb selbst erstellt. Zusammenarbeiten passen, wenn überhaupt, durch einen Zufall, sie ist nicht geplant oder strukturiert. Was als Ergebnis heraus kommt, ist sehr individuell. Ebenso finden sich keine wirklich ausgeprägten, systematischen Entscheidungen.

Reifegrad 1 (Teamfokus)

Wenn du noch nicht systematisch Prozessen folgst, aber schon merkst, dass es sie gibt, kann das ein Indiz für Level 1 sein. Was damit einhergeht ist, dass auch die Ergebnisse alles andere als zuverlässig und planbar einhergehen. Es wird die Notwendigkeit von Teams erkannt, aber Dinge wie falsche Anforderungen, Wartezeiten und Überlastung einzelner Mitarbeiter finden sind noch sehr verbreitet. Auch wenn hier durchaus mehr Entscheidungen getroffen werden, gibt es in der Regel noch keine gute Systematik, um dieses tun zu können. Kunden haben noch starke Präferenzen für Teams. Hier kommen die Helden und Egoisten oft noch ganz vorne, ebenso haben wir Abhängigkeiten über die wir das Bewusstsein erlangen, aber es wird noch nicht verwaltet.

Die Kulturellen Werte Transparenz, Zusammenarbeit und Initiative übernehmen kommen in den Vordergrund. Das Level 1 ist selten ein Ziel, was eine Organisation wirklich erreichen möchte. Es existiert, da viele Organisationen auf dieser Stufe stehen.

Reifegrad 2 (Kundenfokus)

Prozesse existieren und werden (zumindestens rudimentär) verstanden. Die Ergebnisse sind nicht immer (noch) nicht konsistent. Es ist verstanden, dass der Kundennutzen über mehrere Services erbracht werden muss. Die Zusammenarbeit erfolgt deshalb schon entlang der Wertschöpfungskette. Die Erwartung des Kunden ist bekannt. Das Bewusstsein für die Koordination ist klar und es wird Verantwortung von Menschen für die teamübergreifende Lieferung übernommen.

Der Aufwand bzw. der Weg von Level 1 zu Level 2 ist am Größten.

Reifegrad 3 (Purposefokus)

Eine Zusammenarbeit über Services hinweg entlang der Wertschöpfungskette findet statt. Die Ergebnisse sind konsistent und können systematisch erbracht werden. Das Verständnis für den Kunden entwickelt sich. Bessere Kommunikation führt dazu, dass die Erwartungen besser verstanden werden und geeignete Verbesserungsmaßnahmen etabliert werden können. Die Prozesse sind nun gut gelebt und durchgeführt. Das hat auch zur Folge, dass Überlastungen nicht (oder nur selten) vorkommen.

Ganz grob lässt sich sagen, dass dieses Level im Fokus für jedes Unternehmen für eine Entwicklung stehen sollte.

Reifegrad 4 (Risiko)

Das Management der Organisation erfolgt datengetrieben, Risiken werden früh erkannt und adressiert. Die Organisation hat ein klareres Portfolio und das wird verwaltet. Es lässt sich eine wirtschaftliche Konsistenz erkennen gepaart mit der Vorhersage von Ergebnissen.

Reifegrad 5 (Marktführer)

Die Organisation verbessert sich kontinuierlich. Das was angeboten wird, passt perfekt zu den Bedürfnissen der Kunden. Die Wirtschaftlichkeit verbessert sich stetig. Als Marktführer, werden die Wünsche der Kunden regelmäßig übertroffen. Es werden Wünsche geliefert, von der Kunden noch nicht wusste, dass er sie hat. Das Streben nach Perfektion existiert bereits.

Reifegrad 6 (Überleben)

Die Organisation kann sich anpassen an die Bedingungen des Marktes und stellt sich wenn nötig, selbst in Frage. Es existiert ein nachhaltiges Business Modell. Die Anpassung an den Markt erfolgt laufend und erzeugt das passende Fit for Purpose.

Wie du das KMM als leistungsstarkes Werkzeug für Kanban-Initiativen anwendest

Das Kanban Maturity Modell betrachtet die Kultur, Praktiken und Ergebnisse. Eine Kultur wird maßgeblich durch die Werte und das Verhalten, das eine Organisation an den Tag legt, bestimmt. Die Praktiken kannst du direkt beobachten, es ist alles das was die Menschen in der Organisationen tun: z.B. Aktivitäten und Meetings. Diese beschreiben im Grunde deinen Weg, also dein Wie. Wie wird etwas bei dir im Unternehmen erledigt. Die Ergebnisse kannst du direkt sehen und sie existieren als Resultate. So kannst du sehen, dass als Ergebnis "Aufgaben erledigt werden" oder "Menschen Projekten zugeordnet sind".

Mit praktischen Anleitung und Techniken unterstützt das KMM Unternehmen und erlaubt es spezifische Kontexte anzupassen. Das Model verbietet es nicht Methoden zu kombinieren und mit einfließen zu lassen, der Fokus liegt natürlich hier nur auf Kanban. Dabei kannst du das KMM mit weiteren Inhalten ergänzen bzw. anpassen. Du kannst dir diese Maturity Level selbst aneignen oder du holst du Hilfe auf einer Konferenz, im Coaching oder der Beratung.

Für die Veränderung kannst du auf ein Canvas setzen, dich am KMM Plakat orientieren oder du schaust in Veranstaltungen und Veröffentlichungen nach Impulsen. Die Lean Kanban Universität bietet dir mit Personen als akkreditierter Kanban Trainer auch Hilfen an. Doch meistens kannst du erste Schritte selbst gehen.

Befähige deine Menschen in der Organisation mit einer Schulung oder vergleichen Mitteln, um das Wissen zu etablieren und eine Handlungsfähigkeit bereitzustellen. Ein guter erster Schritt ist zudem meine Rapid Kanban Board Implementation.

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